Die deutschen Weine tragen sozusagen malerische Namen, unter denen die "Liebfrauenmilch" und der "Kröver Nacktarsch" wohl die bekanntesten sein dürften. Aber haben Sie jemals etwas von dem deutschen Riesling "Pölka dot" gehört, der auch noch in einer blauen Flasche im Regal steht? Es ist für den deutschen Weintrinker keine Schande, diesen Wein nicht zu kennen. Und ein Sommelier würde allenfalls an dem Wein schnuppern, denn es handelt sich um einen Konsumwein, nicht um einen Wein aus einer bestimmten Lage, von einem bestimmten Weingut oder aus einem bestimmten Jahrgang.
Sie, lieber User, ahnen schon, wohin die Reise geht bzw. wohin der Riesling aus der Pfalz geflossen ist: In die riesigen Weintanks des weltweit größten Familien-Weinguts – zur E. & J. Gallo Winery in Kalifornien. Doch bevor wir Ihnen dazu etwas sagen, sollten wir den Begriff des Markenweins abklären. In Deutschland nur noch selten, aber in England und Russland mit Begeisterung getrunken wird die Liebfrauenmilch. Das ist ein Konsumwein QbA, wobei das "A", also das Anbaugebiet, weit gefasst ist. Die Liebfrauenmilch kann aus dem Rheingau oder Rheinhessen, aber auch von der Nahe oder aus der Pfalz stammen. Und in der "Milch" können sich bis zu fünf verschiedene Rebsorten aus den bezeichneten Regionen vereinigen, die 70 % des "Milchgehalts" darstellen müssen. Woher die anderen 30 % kommen, ist das Geheimnis der jeweiligen Kellermeister.
Was dabei herauskommt, ist ein im Geschmack immer gleich bleibender Konsumwein. Glücklich würde sich ein deutscher Erzeuger preisen, wenn ihm die Markenrechte an der "Liebfraumilch" (ohne "en" auf den Etiketten für den englischsprachigen Markt) gehören würden. So teilen sich dutzende Weinabfüller in diesen Sammelbegriff. Mit dem "Rüdesheimer Adlerturm" oder dem "Himmlischen Moseltröpfchen" wurde in den 60er und 70er Jahren versucht, einen Markenwein für die Supermarkt-Regale zu etablieren. Das ist auf Dauer nicht gelungen, denn der immer gleich bleibende Geschmack solcher Weine ist nicht das Wahre für den deutschen Gaumen und schon gar nicht für den Genießer.
Die Amerikaner sehen das entspannter. Besonders Gallo ist mit vielen Konsumweinen auf dem Markt, die unter einem speziellen Markennamen dem Käufer klar machen, dass "Persil bleibt Persil" auch für die Markenweine gilt. Deshalb hat man sich in Anlehnung an den Volkstanz Polka ganz bewusst "Pölka" einfallen lassen – der Umlaut suggeriert den Amerikanern, dass es sich um "was Deutsches" handeln muss, was im Prinzip ja auch richtig ist. Den "dot", also den Punkt, hat man als rundes Erkennungszeichen hinzugefügt – da waren wohl Marketingexperten die Entscheider, nicht die Winzer, die im Englischen "winemaker" heißen, wie man auch von einer "wine making industry" spricht, während sich die großen deutschen Weinproduzenten immer noch als Weingut verstehen, obwohl sie natürlich selbst längst zu einem Industriezweig geworden sind.
Der "Pölka dot" ist ein Riesling aus der Pfalz, so viel wird vom Abfüller verraten. Die Flasche hat einen Schraubverschluss, was als sicheres Signal für einen Konsumwein gilt. Aber weshalb ist denn die Flasche blau? Niemand würde hierzulande Wein aus einer blauen Flasche kaufen. Nun denn, die bekannteste deutsche Weinmarke im englischsprachigen Ausland war und ist "Blue Nun", also die blaue Nonne. Darüber berichten wir an anderer Stelle. Jedenfalls haben die Marketingexperten aus Kalifornien gefolgert, dass der "Pölka dot" noch besser als "German wine" wahrgenommen wird, wenn er das Blau der blauen Nonne wenigstens in der Flaschenfarbe aufleben lässt.